Hatsumi_Masaaki_Soke

Bemerkung zum Feuerlauf

Mir tat einfach nur mein Scheiß- Fuß weh. Motiviert war ich selbstverständlich schon lange nicht mehr, denn mit diesem stechend- ziehenden Schmerz im Fußspann kann ja von vornherein schon nichts mehr klappen......

Yon Po Kai im Sommer 1999, ich sitze mittelschwer geknickt in einer Wiese, bemitleide mich selbst und frage mich, wie die anderen gute Laune haben können. Überhaupt ist doch alles Scheiße.

Und dann heute Abend auch noch dieser Feuerlauf; gehört habe ich ja schon so viel darüber, aber - ich bitte Euch - wie soll so was denn funktionieren!?

"Ob es überhaupt gut ist, wenn Du da mitmachst mit Deinem Fuß?" , haben sie gesagt... also wenn ich's mir so überlege sollte ich vielleicht erst recht mitmachen!

Ich sitze neben Anschie und wir lästern - klar, über Männer.... Der Feuer brennt, und jeder hat einen Gesprächspartner, so dass in unserer Gruppe eine richtig gemütliche Lagerfeuerstimmung herrscht. Die Dämmerung ist zur Nacht geworden und der Mond scheint über uns. Langsam merke ich , wie die Stimmung umschlägt. Es tauchen immer mehr Unterbrechungen auf und schweigsame Pausen in den einzelnen Unterhaltungen auf und schließlich steht Armin auf und beginnt die beginnt die durchgeglühten Holzstücke zu zerstoßen. Es spricht jetzt keiner mehr. Wir werden zu stillen Beobachtern und erreichen einen Punkt, an dem der sog, der uns dazu bringt über diese Kohlen zu gehen, unwiderstehlich wird. Nachdem er mit den Vorbereitungen fertig ist, beginnt der Shihan den letzten Abschnitt des Hannya Shingyo zu rezitieren und nach und nach stimmen wir alle mit ein. An diesen Punkt bin ich noch nicht völlig überzeugt von meiner Vorhaben, habe Zweifel an mir selbst und werde immer nervöser - ich könnte mich ja blamieren oder gar verletzen.... ich beginne zu denken...

Armin sitzt vor mir, legt die Hände auf meine Schultern und schaut mich einfach nur an - RUHE. Später werde ich noch einmal dieses Phänomen erleben dürfen, aber das ist wieder eine andere Geschichte, eine Erklärung dafür werde ich dann, genauso wenig wie jetzt allerdings nicht finden. Ich WEISS, dass ich über die Glut gehen werde und ich WEISS, dass mir absolut nichts passieren wird. Schließlich stehe ich vor dem Feuer - wie lange es gedauert hat aufzustehen und dort hinzugehen weiß ich nicht mehr und ich kann mich beim besten Willen an keines der Gesichter von Euch anderen erinnern oder daran ob mein Fuß noch weh tat oder nicht. Dann schaue ich nur noch gerade aus, fixiere mit meinen Augen irgendeinen Punkt oder vielleicht auch gar nichts am anderen Ende der Bahn aus glühenden Kohlen - und laufe los. Ich glaube, ich habe die scheinbar endlose Strecke mit nur zwei oder drei Schritten zurück gelegt - rein gefühlsmäßig.

Ich setze mich zurück neben Angie und verstehe nicht, was das Besondere an diesem Feuerlauf sein soll! Wo ist die große Kunst? Was soll daran nicht normal sein??? Auch meine Eltern kann ich nicht verstehen als ihre Augen immer größer werden, Während ich ihnen von diesem Le(e)hr- Gang erzähle.

Erst in den darauffolgenden Wochen ist mir langsam klar geworden, dass es sich eben doch nicht um eine alltägliche Sache gehandelt hat. Ich will die daraus resultierend Veränderung nicht als "Reifen" bezeichnen, denn ich weiß, dass ich auch heute - also über ein Jahr später - noch weit davon entfernt bin ausgereift zu sein, aber wieder einmal hat sich mein Bild von der Welt und mir selbst geändert.

Birgit